Steuerung der Gehirnaktiviät
Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback ist eine Unterkategorie des Biofeedback und eine Therapiemethode zur Selbstregulation des Gehirns.
Bei einer Reihe von psychisch bedingten Krankheitsbildern wie zB. ADHS oder Depression ist die positive Wirkung der Methode bereits seit Jahren in Wissenschaft und Praxis belegt. Aber auch zur Leistungssteigerung in Sport, Musik oder Beruf wird Neurofeedback vermehrt als natürliche Methode zur Konzentrationsförderung und Stressbewältigung eingesetzt.
Beim Neurofeedback wird die Gehirnaktivität in Form von EEG-Signalen gemessen und dem Klieneten rückgemeldet. Dies hilft Klienten dabei zu lernen, ihre eigene Gehirnaktivität zu verstehen, zu verändern und damit positiv zu beeinflussen.
Erste spürbare Effekte des Neurofeedbacktrainings treten meist bereits nach 5-7 Sitzungen auf. Für nachhaltige Festigung werden zumindest 15-20 Sitzungen empfohlen. Das Trainings sollte dabei regelmäßig 1-2 pro Woche stattfinden.
Beispielhafte Anwendungsgebiete
Neurofeedback wird bereits seit langer Zeit auch wissenschaftlich untersucht. Daher existieren für viele Indikationen stichhaltige Wirksamkeitsnachweise in Form von kontrollierten Studien. Metaanalysen zeigten mittlere bis große Effekte.
Mögliche Anwendungsbereiche von Neurofeedback laut Studien sind zB.:
-
ADHS
-
Autismus-Spektrum-Störungen
-
Depression, Burnout
-
Schlafstörungen
-
Posttraumatische Belastungsstörungen
-
Suchterkrankungen
-
Epilepsie
-
Tic-Störungen, Tourette
-
Peak-Performance Training (zB. Leistungssport)
Je nach Anwendungsbereich und aufbauend auf eine individuelle Analyse zu Beginn werden Ableitorte des EEGs und Frequenzbänder für das Training ausgewählt.
Beispiel: Theta-Beta-Training zur Verbesserung der Konzentration bei ADHS
Das Training ist spielerisch in Form eines Auto-Rennspiels aufgebaut. Sobald sich die erfassten EEG-Frequenzbänder in die gewünschten Schwellenwerte bewegen und einen entspannten, konzentrierten Zustand widerspiegeln, fährt das Auto los. Das Gehirn wird also unmittelbar belohnt. Durch häufige Wiederholung und regelmäßige Übung kann die Konzentration nachweislich langanhaltend gesteigert werden und künftig auch im Alltag abrufbar sein.
Erfassungund Training
Neurofeedback wird auf verschiedenste Arten und Weisen durchgeführt, einige davon seien hier exemplarisch gennant.
- SCP-Training: Training der langsamen kortikalen Potenziale
- ILF-Neurofeedback
- Z-Score
- LORETA
Das aber wohl am besten untersuchte und meistgenutzte Verfahren dürfte das sogennante Frequenzbandtraining sein. Im menschlischen Gehirn sind verschiedene Frequenzbänder aktiv. Sie sind immer alle aktiv, aber in verschiedenen Stärken.
Verschiedene Frequenzbänder werden wiederum mit verschiedenen Bewusstseinszuständen in Verbindung gebracht, Beta z.B. mit Aufmerksamkeit und Theta mit Tagträumerei (aufmerksame Leser erkennen bereits hier den Konnex zu ADHS). Ziel des Neurofeedback ist e nun die Stärke oder dieser Bänder zu erhöhen oder zu vermindern (je nach Indikation).
Ein großer Vorteil des Frequenzbandtrainings mit 1-2 Elektroden ist die vergleichsweise leichte Durchführbarkeit. Eine kürzlich erschienene Studie hat auch angegeben, dass die Nützlichkeit «komplexer» Neurofeedback-Protokolle im klinischen Setting noch nicht nachgewiesen wurde. Komplexer heißt also nicht zwangsläufig besser.
Technisch wird beim Frequenzbandtraing das Roh-EEG mittels Elektroden an der Kopfhaut geerfassen und im Neurofeedbackgerät in die einzelnen Frequenzbänder zerlegt.
Die einzelnen Frequenzbänder
Delta-Wellen finden wir im Bereich zwischen 0,1Hz und 4 Hz. Typisch sind sie für die meistens traumlose Phase des Tiefschlafs. Bei Erwachsenen im Wachzustand können sie auf Pathologien hinweisen (oder schlicht Messartefakte darstellen).
Theta-Wellen bewegen sich im Bereich von 4Hz – 8Hz. Sie sind oft ein Zeichen für Schläfrigkeit und leichte Ablenkbarkeit. Die Stärke dieses Bandes wird bei ADHS z.B. herabreguliert.
Die für aufmerksame Entspanntheit stehenden Alpha-Wellen treten im Bereich zwischen 8Hz – 12Hz auf. Besonders stark sind sie oft bei geschlossenen Augen. Dieser Frequenzbereich wird häufig im Entspannungstraining genutz.
Beta-Wellen spannen den großen Raum von 12Hz – 30Hz auf und sind oft typisch für aktive Informationsverarbeitung im oberen Bereich aber auch für Stress. Das Beta-Band wird üblicherweise in die folgenden Unterbänder aufgeteilt.
- SMR (13-15Hz)
- LoBeta (16-18Hz)
- Beta (19-23Hz)
- HiBeta (24-30Hz)
Zu guter Letzt kennen wir noch die Gamma-Wellen im Bereich ab 30Hz. Diese treten bei sehr starker Konzentration oder beim Meditieren auf.
Nicht immer gleich
Ein wichtiger Aspekt des Frequenzbandtrainings ist, dass die Interpretation und damit einhergehen das abgeleitete Trainingziel der Frequenzbänder sowohl von der Indikation als auch vom Ort der Ableitung abhängig ist.
So wird bei Sucht-Protokollen z.B. Theta oft (gemeinsam mit Alpha) nach oben trainiert, nicht wie beim ADHS nach unten. Auch steht das Theta-Band an anderen Positionen als Cz (Mitte des Kopfes) nicht unbedingt für Ablenkbarkeit, sondern auch für Kreativität. Für den Anwender ist daher ein fundiertes Wissen über diese Bedingungen und ggf. eine Neurofeedback-Ausbildung zu empfehlen.
OPERANTE KONDITIONIERUNG
Wie funktioniert Neurofeedback?
Am Anfang jeder Sitzung werden dem Trainierenden EEG-Elektroden am Kopf angebracht. Damit wird die Gehirnaktivität erfasst und am Bildschirm rückgemeldet.
In der ersten Einheit wird analysiert, ob es auffällige Aktivitätsmuster gibt, die im Zusammenhang mit Symptomen stehen könnten bzw. Spitzenleistung im Weg stehen. Darauf basierend wird ein individueller Trainingsplan erstellt. Die meisten Trainings-Protokolle arbeiten mit einer oder zwei Neurofeedback-Elektroden – das Anbringen dauert also gar nicht lange.
Während dem Training wird dann von der Software analysiert, ob im Gehirn gerade mehr oder weniger einer bestimmten Gehirnaktivität vorhanden ist. Steigert das Gehirn die gewünschte Aktivität, wird es umgehend dafür belohnt. Die Belohnung kann auf vielfältige Art und Weise erfolgen (zB. Spiele, Videos, Musik – wichtig ist, dass es dem Klienten Freude bereitet). Das Gehirn wird daher motiviert diese Aktivität zu erhöhen und häufiger zu zeigen. Dieser Vorgang findet hauptsächlich unbewusst statt. Die Trainingsparameter werden permanent überwacht und vom Therapeuten individuell eingestellt.
Anwendungsbeispiel Neurofeedback: Patient mit ADS
Ein Patient mit Diagnose ADS äußert als Therapieziel, er möchte seine Konzentrationsleistung verbessern und Routinen für den Alltag erlernen, die ihn beim Lernen und im späteren Berufsleben unterstützen.
- Analyse:
Zur Neurofeedback-Diagnostik wurde ein Profil erstellt, um das Verhältnis der gängigen EEG-Frequenzbänder in Ruhe bei offenen und geschlossenen Augen, sowie während kognitiver Aufgaben (leise Rechnen und leise Lesen) zu analysieren. Als auffällig zeigte sich im Besonderen der Amplituden-Verlauf des Theta-Bandes und des Beta-Bandes. Während der kognitiven Aufgaben kommt es zu einem Anstieg der Amplitude des Theta-Bandes und einem gleichzeitigen Abfall der Amplitude des Beta-Bandes. Dies ist für die erfolgreiche Bewältigung einer kognitiven Aufgabe ungünstig. Dieser neurophysiologische Befund deckt sich somit mit der subjektiven Empfindung einer schlechten Konzentrationsleistung.
Das Theta-Band korreliert in der Regel mit einem müden, tagträumerischen Zustand. Daher ist eine hohe Amplitude des Theta-Bandes während aktiver Informationsverarbeitung eher ungünstig und steht in Verbindung mit leichter Ablenkbarkeit. Das Beta-Band korreliert in der Regel mit einem fokussierten Zustand. Daher ist eine hohe Amplitude des Beta-Bandes während aktiver Informationsverarbeitung günstig und steht in Verbindung mit guter Konzentrationsleistung.
2. Training:
Als Trainingsziel wird eine Reduzierung des Theta-Bandes bei gleichzeitiger Erhöhung des Beta-Bandes angestrebt, um die Konzentrationsleistung zu verbessern. Zusätzlich soll sich das HighBeta-Band (korreliert mit Stresserleben und Artefakten) nicht erhöhen. Als Feedback hat sich der Klient ein Auto-Rennen ausgesucht. Der Trainingsbildschirm ist so aufgebaut, dass ein spielerisches Video in Form eines Go-Kart-Rennens läuft, sobald und solange alle Frequenzbänder gleichzeitig im vordefinierten Schwellenbereich sind. Der Schwellenbereich ist jeweils individuell und wird im Laufe einer Sitzung üblicherweise mehrmals angepasst.